Was heilt, was hilft?

März 2020 / Lou Scheurmann

Vor ein paar Jahren erzählte mir der alte Dachdecker von nebenan, folgende Gegebenheit aus seiner Zeit, als er noch im Beruf stand:


Bei Dachdeckerarbeiten, wie er sie täglich machte, stand er auf einem Dach; im Begriff auf die Leiter zu wechseln, um hinunterzusteigen. In diesem Moment ergriff ihn ein heftiger Schwindel. Nur schwer und mit viel Anstrengung gelang es ihm hinunter zu steigen, wo er sich sogleich hinsetze, einer Ohnmacht nahe.

Er überlegte mögliche Gründe für diese Episode, fand jedoch keine Erklärungen. Es ist zu erwähnen, dass der Dachdecker sehr wenige medizinische Kenntnisse hat und als einfacher Bauernsohn in sehr bescheidenen Verhältnissen aufgewachsen ist. Hier half meistens der Herrgott und das Sich-Zusammenreissen, um den täglichen Aufgaben nachzukommen. Er versuchte das Schwindel-Erlebnis wegzudenken, zu verdrängen und stieg weiter für seine Arbeit auf die Dächer. Ein paar Wochen später erlitt er – zum Glück am Boden – eine Ohnmacht, zwar nur kurz, aber anschliessend wieder mit heftigem Schwindel. Er arbeitete weiter, aber auch bei allem Glauben an herrgöttlichen Beistand und der Aufbietung sämtlichen menschinternen Starrsinns wuchs die Angst vor einem nächsten Zwischenfall.
In der Nachbarschaft lebte – zumindest während der warmen Jahreszeit – ein Professor für Neurologie, zu dem er einen freundschaftlichen Kontakt pflegte. So traute er sich diesem an. Der Neurologe riet ihm zu einer entsprechenden neurologischen Abklärung und veranlasste auch gleich die entsprechenden Termine an der Universitätsklinik.

Als der erste Test anstand reiste der Dachdecker mit Bus und Bahn in die grosse, ihm auch fremde Stadt, aber im Vertrauen darauf, dass das jetzt das Richtige sei.
Mit Messungen aller Art fand der Test statt und nach etwa zwei Stunden konnte der Dachdecker die Heimreise antreten. In der Eisenbahn wurde ihm ganz schrecklich übel, beim ersten Halt verliess er den Zug, um sich in der Bahnhofstoilette zu übergeben. Daraufhin nahm er den nächsten Zug nach Hause. Den Schluss der Geschichte erzählt er mir so: «Nach der Behandlung, musste ich mich noch saumässig auskotzen, aber danach war der Spuk mit Schwindel und Übelkeit für immer vorbei.»


Ich freute mich für ihn, dass das so gut ausging!


Für alle, die beim Lesen vielleicht gestolpert sind: Der Neurologe hatte «Abklärungen» / «Tests» angeordnet, der Dachdecker war aber der Meinung er gehe zu einer «Behandlung». So konnte aus der Abklärung gleich die erfolgreiche Behandlung werden!